Nachdem wir erst einen Tag vor dem Marathon unser durch Krankheit halbiertes Boot wieder mit starken externen Frauen aufgefüllt hatten, gingen wir gut gelaunt an den Start. Nach dem üblichen Warm-Up in Leverkusen zog am Start die im Wetterbericht angekündigte Sturmfront über uns her.
Die Folgen:
• Ein Boot, das sich gerade im Wasser befand kenterte. Die DLRG musste von Land aus darauf aufmerksam gemacht werden, da sie das treibende Boot in den hohen Wellem nicht sehen konnte.
• Ein anderes Boot konnte am Steg gerettet werden, indem es schnell wieder aus dem Wasser gehoben wurde.
• Ein Boot kehrte nach wenigen 100 m wieder um.
• Leverkusen, der mitorganisierender Verein, meldete daraufhin alle eigenen Boote ab.
Wir standen zwischen Polizeiwagen, unsicheren Menschen, weinenden Menschen und wussten noch nicht, wie es weitergehen sollte. Kurz darauf informierte die Regattaleitung, dass die Regatta durchgeführt werden solle, man vorsichtig fahren solle, unterland, nicht in der Strommitte. Unsere Gedanken waren, dass man einen Marathon an Land an jeder beliebigen Stelle abbrechen kann. Hier war hingegen die Entscheidung am Steg zu treffen. Bei weiteren Sturmböen war kein Abbruch möglich. Wie geht die DLRG damit um, wenn in einer Sturmböe mehrere Boote gleichzeitig kentern sollten? All das ging uns durch die Köpfe und wurde ausgesprochen. Wir stellten uns offen die Frage, ob wir in dieser Situation und mit den ganzen Emotionen wirklich fahren wollten. Es war klar, dass es keinen Mehrheitsbeschluss geben sollte, da jede in so einer Situation einen anderen Stresslevel erträgt. Erst waren wir unsicher, dann formulierte eine Ruderin sehr deutlich, dass sie auf keinen Fall so ins Boot steigen würde. Zwei Wankende schlossen sich dieser Entscheidung an, alle trugen diese Entscheidung. Unser Steuermann Thomas übernahm ein anderes Boot, in dem sich die Steuerfrau auch nicht mehr in der Lage fühlte, ein Boot 42 km über einen stürmischen Rhein zu steuern. Durch eine Mitfahrgelegenheit mit einem anderen abgemeldeten Verein kamen wir nach Düsseldorf.
Viele Gespräche wurden geführt, Gedanken ausgesprochen, alles wirkte unwirklich. Die Boote, die gestartet waren, kamen alle ins Ziel. Ich weiß nicht, wie der Rest der Mannschaft dachte, aber mir ging immer wieder durch den Kopf, ob wir mit etwas mehr Ruhe doch hätten starten sollen. Die Entscheidung wird aber aus einem Gefühl getroffen. Das Bauchgefühl ist nicht immer das schlechteste. Wenn man am Damm steht und auf die eigenen Boote wartet, hinter einem die riesige Musikbox vom Wind weggeweht wird, mehrere Leute versuchen einen Pavillon am Wegfliegen zu hindern, wird einem wieder klar, dass die Entscheidung für uns in der Situation und der emotionalen Lage genau richtig war. Team bedeutet auch zusammenhalten und auf die Person zu achten, der es am schlechtesten geht. Auch wenn die gesamte Situation und Veranstaltung für uns absurd wurde, sind wir uns weiter sicher, dass die Sicherheit und Unversehrtheit wichtiger sind als zu rudern.
Bericht: Alexandra Baltes